Elfriede Lohse-Wächtler
Ein Leben zwischen Kunst und Verzweiflung

07.11.2008 – 08.02.2009

Die Tragik des Lebens dieser großen Künstlerin ist kaum vorstellbar. Geboren wurde sie 1899 in einem beengten bürgerlichen Milieu. Für sie stand schon in jungen Jahren fest, dass sie ihr Leben der Kunst widmen wollte. Dieser leidenschaftliche Wunsch bestimmte ihr Leben und forderte all ihre Energie.

Die Eltern waren mit der Genialität und Exzentrik der Tochter schlichtweg überfordert und wollten vermutlich deshalb verhindern, dass Elfriede Lohse-Wächtler Malerin wurde. Trotzdem besuchte sie ab 1915 die Kunstgewerbeschule in Dresden und verkehrte in der Dresdner Bohème. Sie hatte Kontakte zur Dresdner Sezession Gruppe 1919 um Otto Dix, Conrad Felixmüller, Otto Griebel und Oskar Kokoschka.

1921 heiratete sie den Maler und Opernsänger Kurt Lohse und ging mit ihm nach Hamburg. Lohse verprasste ihr gesamtes Geld. Fortan prägten Armut und Ehekrisen ihr Leben, weshalb es 1921 zu einer ersten Trennung kam. 1929 verließ Kurt Lohse seine Frau wegen Elsa Haun, der Tochter seines Konzertmeisters.

Elfriede Lohse-Wächtler zerbrach innerlich an der Trennung und lebte unter jämmerlichen Bedingungen, bis sie in die Staatskrankenanstalt Hamburg-Friedrichsberg eingewiesen wurde.

Dort schuf sie die eindrucksvolle Porträt-Reihe der "Friedrichsberger Köpfe”. Die Blätter wurden von der Kunstkritik enthusiastisch gefeiert und machten Elfriede Lohse-Wächtler zu einer berühmten, aber weiterhin armen Künstlerin.
Mit dieser Porträt-Reihe ist das Hauptmotiv ihrer Kunst genannt: Menschen am Rande der Gesellschaft, soziale Außenseiter und die so genannte Halbwelt. Die Kunstkritik nennt sie in einem Atemzug mit Otto Dix, Oskar Kokoschka, Jeanne Mammen und Egon Schiele.

1931 ging sie aufgrund der immer weiter wachsenden wirtschaftlichen Not zurück zu ihren Eltern nach Dresden. Dort brachen jedoch die alten Konflikte erneut auf und der Vater ließ seine Tochter 1932 in die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Arnsdorf bei Dresden einweisen. Die Diagnose lautete Schizophrenie.

Damit war Elfriede Lohse-Wächtlers Schicksal besiegelt. Wegen der unheilbaren Geisteskrankheit ließ sich Kurt Lohse 1935 von ihr scheiden. Im gleichen Jahr wurde sie auf der Grundlage des nationalsozialistischen Erbgesundheitsgesetzes zwangssterilisiert und 1940 im Rahmen der so genannten “Aktion T 4”, dem nationalsozialistischen Massenvernichtungsprogramm “lebensunwerten Lebens“, ermordet.

Die Wechselausstellung im Zeppelin Museum und das Begleitbuch bieten einen Überblick über das Œuvre der 1940 in Pirna-Sonnenstein ermordeten Künstlerin.

Die Ausstellung zeigt rund 100 Werke Elfriede Lohse-Wächtlers aus allen Schaffensphasen, die die Entwicklung des Lebenswerkes nachzeichnen, das ganz im Zeichen der Darstellung des Menschen oder des Menschlichen stand. Diesen äußerst eindrücklichen Pastellen, Aquarellen und Zeichnungen wird die unfassbare Biographie gegenüber gestellt. Gerade in diesem Kontrast wird das unglaubliche künstlerische Potential Elfriede Lohse-Wächtlers deutlich. Sie war eine der ganz großen Menschenbildnerinnen.

Der Katalog zur Ausstellung ist im Wasmuth-Verlag erschienen.

zeppelinmuseum
Folgen Sie uns