24.09.2010 – 09.01.2011
Ein junger Mann betrachtet durch dicke Brillengläser einen Negativstreifen. Die Lupe, die er unsinnigerweise hinter und nicht vor das Negativ hält - vergrößert sowohl das Negativ, das einen Mann zeigt, als auch die Brille des abgebildeten Fotografen, der Andreas Feininger (1906-1999) selbst ist.
Im Bild werde die „Werkzeuge“ des Fotografen auffällig betont, denn sowohl der bildauslösende Zeigefinger der rechten Hand, als auch das rechte Auge, mit dem der Fotograf normalerweise durch die Linse schaut, stechen als dominante Bildbestandteile hervor. Das Selbstportrait ist somit mehr als nur das Abbild des Fotografen, es ist vielmehr das programmatische Selbstbildnis eines selbstbewussten Künstlers.
Feininger, den das Zeppelin Museum mit einer Einzelausstellung präsentiert, ist bekannt für tiefsinnige und ausgefeilte fotografische Kompositionen, wie sie in „Selbstportrait“ (1946) exemplarisch zu Tage treten. Feininger wurde am Bauhaus in Dessau zum Architekten ausgebildet und arbeitete schon sehr früh mit Größen wie LeCorbusier und Kurt Elster zusammen. Nachdem er 1933 über Stockholm in die USA emigriert war, fand er in New York, wo er ab 1939 lebte, sehr schnell eine feste Anstellung beim renommierten LIFE Magazin. In dieser Zeit entstanden seine weltbekannten Stadtansichten und Portraits, die neben seinen experimentellen Arbeiten und den Landschaftsaufnahmen in der Ausstellung präsentiert werden.
Zur Fotografie kam er durch die bittere Erkenntnis, dass kaum ein Fotograf das Wesen der Architektur sensibel genug erfassen konnte, um ihn als ausführenden Architekten zufrieden zu stellen. Er versuchte es deshalb fortan einfach selbst und nahm seine bekanntesten Fotos unter Verwendung zumeist selbst gebauter Kameras mit Teleobjektiven von sehr langer Brennweite auf. Dieses selbstentwickelte Verfahren erlaubte ihm seine Motive aus großem Abstand aufzunehmen und somit die tatsächlichen Größenverhältnisse der Motive besser zu erfassen.
Die Ausstellung „Andreas Feininger – That’s Photography“ zeigt nicht nur das herausragende Werk eines der wichtigsten Fotografen des 20. Jahrhunderts, sondern veranschaulicht darüber hinaus, dass die oftmals getrennt voneinander betrachteten Aspekte von Technik und Kunst in seinem Werk auf beispiellose Art und Weise miteinander verbunden sind.