23.02.2012 – 29.04.2012
Temporär, momentan, vergänglich. Mit „flüchtigen“ Arbeiten initiiert die Ausstellung EPHEMERALS einen Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst und historischer Sammlung. Licht- und Videokunst, Installationen und künstlerische Interventionen kommentieren und spiegeln die ständigen Exponate mit Mitteln, die auf die sinnliche Wahrnehmung zielen.
Temporär, momentan, vergänglich. Mit „flüchtigen“ Arbeiten initiiert die Ausstellung EPHEMERALS einen Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst und historischer Sammlung. Licht- und Videokunst, Installationen und künstlerische Interventionen kommentieren und spiegeln die ständigen Exponate mit Mitteln, die auf die sinnliche Wahrnehmung zielen. In den speziell für die Situation im Zeppelin Museum entwickelten oder angelegten Arbeiten ist das Momenthafte – und damit die Ausrichtung auf das individuelle Kunsterlebnis – meist schon in der Struktur selbst verankert. Statisches und Dynamisches, Vergangenheit und Gegenwart, tradierte und zeitgenössische Sehweisen werden so in ein lebendiges Spannungsverhältnis zueinander gesetzt. Der Betrachter wird aktiver Teil einer auf Anschaulichkeit basierenden Auseinandersetzung mit den Themenbereichen Zeitlichkeit, Vergänglichkeit und Prozessualität.
Die Idee der Ausstellung stützt sich auf die künstlerische Forschungsarbeit zum Thema „Flüchtigkeit“ in dem Stuttgarter Off-Space „Tresor – Raum für flüchtige Kunst“. Wird ein Safe normalerweise zur Lagerung materieller Werte – etwa zur Wertsteigerung von Kunstwerken – genutzt, bot der Tresorraum der ehemaligen Stuttgarter Bahndirektion knapp zwei Jahre lang den Rahmen für ein Programm, das sich dem Gegenteil verpflichtet fühlte: ästhetische Erlebnisse zu erzeugen, die nur im jeweiligen Moment wahrgenommen werden können.
Dank der inhaltlichen Ausrichtung des Zeppelin Museums spielen hier verwandte Themen eine Rolle: von den für den Auftrieb der Flugobjekte nötigen flüchtigen Gasen über die Momenthaftigkeit von Reiserlebnissen bis hin zu Fragen der Vergänglichkeit in Bezug auf Unfälle oder Kriegsnutzungen. Zudem liegt das Haus direkt am Bodensee und damit in einer Umgebung, in der die ephemeren atmosphärischen Bedingungen das Leben der Menschen seit jeher prägen. Für die Untersuchung des Phänomens Flüchtigkeit auf einer musealen Ebene erscheint der Ort also in zweifacher Hinsicht geeignet. Da die „flüchtigen“ Arbeiten über gut zwei Wochen hinweg Stück für Stück in den Sammlungsräumen auftauchen und nach einer gewissen Laufzeit eine um die andere auch wieder verschwinden, unterliegt die Ausstellung zudem selbst dem Prinzip des Ephemeren und versetzt das Museum so in einen subtilen Verwandlungsprozess.
Winfried Stürzl
Kurator der Ausstellung
Die Ausstellung wird von einer Website begleitet, die das Entstehen und Vergehen der Ausstellung dokumentiert: http://ephemerals.webnode.com
KÜNSTLERINNEN und KÜNSTLER
Judith Kaiser und Friederike Stanger
Friederike Stanger (*1981) und Judith Kaiser (*1983) arbeiten seit ihrem Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart künstlerisch zusammen. Zentrales Thema ihrer gemeinsamen Arbeit ist deren zeitliche Begrenzung. Sie entwickeln Objekte, die sich während der Dauer ihrer Ausstellungen verwandeln, abbauen, auflösen und auf verschiedene Weise sichtbar machen, was entsteht, wenn etwas verschwindet. Dabei experimentieren die beiden Künstlerinnen mit unterschiedlichen Materialien und suchen nach Mechanismen und Prozessen des Verschwindens. Durch das Zerstören einer Sache wird etwas Neues sichtbar: Kein dauerhaftes Endprodukt, sondern Bilder, die auf dem Weg zur Auflösung entstehen – Zwischenzustände zwischen Sein und Nichtsein. Es gibt keinen festen Zustand – alles besteht nur für kurze Zeit, löst sich auf, verschwindet und wird Erinnerung. Erinnerung an eine „ursprüngliche“ Existenz, die sich durch die Erfahrung des Verschwindens selbst verändert.
Barbara Karsch-Chaïeb
Barbara Karsch-Chaïeb (*1967) studierte an der Freien Hochschule Kunstseminar Metzingen. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind Installationen, in denen unterschiedliche historische Ereignisse oder Gegebenheiten sowie Besonderheiten des Ortes, aber auch Unbekanntes und Zufälliges eine besondere Rolle spielen. In der Auseinandersetzung mit dem spezifischen Ort, dem mit ihm verbundenen „kollektiven Gedächtnis“, aber auch mit persönlichen Erinnerungen entwickelt die Künstlerin ihre situationsbezogenen Arbeiten. Oft spielen dabei das Prinzip der „Schichtung“ sowie Materialien eine Rolle, die auf bestimmte Länder oder Geschehnisse verweisen, wie etwa Erdpigmente und Gesteinsmehl. Die häufig abstrakt erscheinenden Werke lösen beim Betrachter einen Wahrnehmungsvorgang im Grenzbereich zwischen Anschauung und Reflexion aus. www.lias-epsilon.de
Pia Maria Martin
Pia Maria Martin (*1974) studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart und arbeitet in den Bereichen Film und Animation. In ihren hintergründigen Kurzfilmen beschäftigt sie sich häufig mit scheinbar Nebensächlichem und Alltäglichem. Doch entwickeln die dargestellten Objekte – unter anderem durch den Einsatz von Low-Tech-Verfahren – ein unerwartetes, nicht selten skurriles Eigenleben. Form und Inhalt, die Möglichkeiten des Mediums und der dargestellten Situationen verschmelzen zu eindrücklichen Bildern der Ungreifbarkeit von Wandlung und Veränderung, Werden und Vergehen.
www.reinhardhauff.de (siehe: Artists/Pia Maria Martin)
Kurt Laurenz Theinert
Der Fotograf und Lichtkünstler (*1963) studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart und ist fasziniert von Licht und Bewegung. In seinen Installationen greift er minimal in vorhandene Situationen ein. Das Medium Licht wird dabei nicht als Beleuchtung eingesetzt, sondern als präzise gesteuertes visuelles Ereignis im Raum. Die einzelnen Elemente stehen zueinander in Beziehung und fordern den Betrachter auf, sie als Ganzes zu sehen. Das fokussierte „erkennende Sehen“ verändert sich zu einem umfassenden „Feldsehen“. Inhalt und „Botschaft“ von Theinerts Arbeiten sind von der individuellen Wahrnehmung jedes einzelnen Betrachters abhängig, daher erscheinen die Installationen immer abstrakt und frei von festgelegten Aussagen oder Bedeutungen.
www.theinert-lichtkunst.de
Infos zum „Tresor – Raum für flüchtige Kunstwww.kunsttresor.net