29.03.2019 – 26.05.2019
Ist der Hafenbahnhof Friedrichshafen, der seit 1996 das Zeppelin Museum beherbergt, ein Beispiel der Neuen Sachlichkeit? Orientiert sich sein Entwurf an der Architektur des Bauhauses? Ist der Hafenbahnhof, wie häufig zitiert, ein Gebäude des Internationalen Stils? Charakterisieren bauliche Grundprinzipien wie Volumen statt Masse, Regularität statt Achsensymmetrie und der Verzicht auf Dekor den Hafenbahnhof?
Architektonisch fallen Parallelen zu den Kriterien des „Neuen Bauens“ ins Auge, wie beispielsweise die eher regulär als achsensymmetrisch gestaltete Außenfassade des Hafenbahnhofs, seine Verzahnung von horizontalem und vertikalem Baukörper oder die rhythmische Ordnung der Fensterbänder. Im Zuge der Auseinandersetzung des Seminars mit relevanten Texten der Architekturgeschichte und -theorie und einer sich daran anschließenden stilistischen Analyse des Gebäudes wurden jedoch auch deutliche Brüche sichtbar. So ist ein Stahlskelett im Baukörper des Hafenbahnhofs zwar vorhanden, wird aber durch eine klassische Lochfassade verdeckt und somit nicht als stilbildendes Gestaltungselement eingesetzt. Auch stellt das Gebäude nicht „Volumen statt Masse“ dar, wie dies für Gebäude des Internationalen Stils typisch wäre, und widersprechen die Reliefs am Eingang zur Seeseite dem Verzicht auf Dekor. Angeregt durch diese Brüche wurden weitere Aspekte in die Analyse einbezogen.
Aus den gemeinsam erarbeiteten Perspektiven auf die Baugeschichte des Hafenbahnhofs entwickelte das Seminar ein Narrativ, das sich, abseits einer Einordnung in "Labels" spezifischer Baustile, im Wesentlichen in drei Themenbereiche gliedert. Zum einen lässt sich die Architektur des Hafenbahnhofs nur im Kontext von Vergleichsbauten der 1920er und 30er Jahre verstehen: Moderne Transiträume stehen zentralen Beispielen des Neuen Bauens gegenüber. Als zweiter maßgeblicher Untersuchungsgegenstand wurde der städtebauliche Kontext untersucht, der eng mit der Industriegeschichte der Region verbunden ist und dessen Präsentation die planerische Entwicklung der Stadt nachvollzieht. Hörstationen bieten Einblick in Literatur, Kunst und Soziologie des frühen 20. Jahrhunderts, und machen die kulturellen und geistesgeschichtlichen Strömungen jener Zeit erfahrbar.
Das Ausstellungsdisplay zitiert Aspekte der behandelten Baustile durch die Darstellung von Volumen und durch das Aufgreifen rhythmischer Fassadengestaltung. Für die Konstruktion der Ausstellung wurden Materialen aus dem Museumsfundus wiederverwendet. Diese Form des Upcyclings ist typisch für das Studio umschichten, das die Gestaltung des Ausstellungsdisplays mit den Studierenden gemeinsam entwickelte.
Die studentisch kuratierte Ausstellung wurde anlässlich des hundertjährigen Gründungsjubiläums des Bauhauses und als Satellit der Ausstellung IDEAL STANDARD. Spekulationen über ein Bauhaus heute in Form eines kooperativen Seminars zwischen Zeppelin Museum, Zeppelin Universität und Studio umschichten konzipiert.