04.11.2016 – 23.04.2017
Mit rund 100 Fahrzeugen und Modellen, die Beispiele aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz, Tschechien und den USA vorstellen, macht das Museum in Friedrichshafen erlebbar, wie ab den 1920er Jahren das Ideal der Stromlinienform nicht nur den Bau von Autos, Lokomotiven und Alltagsgegenständen veränderte, sondern als Symbol für Schnelligkeit und Modernität Menschen wie Machthaber in aller Welt elektrisierte. Die Ausstellung zeigt die technische Vielfalt, sie umreisst die kulturelle Dimension, verdeutlicht aber ebenso die historischen Brüche und Kontinuitäten des Zeit-Phänomens wie auch seine gesellschaftliche Bedeutung.
ICEs, die mit 300 Stundenkilometern durch die Landschaft rasen, Passagierjets, die mit Tempo 900 über den Himmel jagen, im Windkanal aerodynamisch erprobte Rennräder bis hin zu stromlinienförmig optimierten Produktionsprozessen: Was heute selbstverständlich ist, war noch bis vor hundert Jahren völlige Utopie. Eine wesentliche Hürde auf dem Weg in die Welt der Hochgeschwindigkeits-Mobilität überwand der Mensch mit der steten Verkleinerung des Luftwiderstands durch Optimierung der Form. Möglich machte das die Erfindung des Windkanals Ende des 19. Jahrhunderts. Nach dem ersten Weltkrieg wurde Friedrichshafen durch die Luftschiffbau Zeppelin GmbH zu einem Zentrum der Windkanalforschung. Spannende Beispiele dafür – und wie die Idee der „Stromlinienförmigkeit“ in die Welt kam und den Zeitgeist der USA wie Europas prägten – zeigt das Zeppelin Museum Friedrichshafen vom 4. November 2016 bis zum 23. April 2017 mit einer großen Themenausstellung namens „Strom-Linien-Form“.
Eine Zeitreise in die Welt der Technik und des Designs
Für Besucher beginnt die Zeitreise in den 1920er und 30er Jahren. Erstmals waren stromlinienförmige Flug- und Fahrzeuge in größerem Maß zu sehen: Gigantische Zeppeline, die über den Atlantik flogen, windschnittig verkleidete Autos oder so genannte Schnelltriebwagen, die auf Schienen die damals sensationelle 200 Stundenkilometer-Marke rissen, begeisterten schon bald die Massen. Und das sowohl durch ihre Geschwindigkeit als auch durch ihr glattes und ästhetisch-kühles Äußeres – eine Formensprache wie ein Vorbote einer anderen, vermeintlich fortschrittlicheren Welt, in der die Technik das Glück bringen sollte.
Eindrucksvolle Exponate aus dem Automobil- und Schienenfahrzeugbau
Zahlreiche historische Automobil-Exponate von den legendären Silberpfeilen bis zu Kult-Wagen der 70er Jahre lassen in der Ausstellung technische Entwicklung und optische Wirkung eindrucksvoll nacherleben: Vom Auto Union Grand Prix Typ C von 1936 (Replik) über den Tatra 87 bis zum Mercedes C 111/3 aus den 1970er Jahren stehen sie beispielhaft für das jahrzehntelange Bemühen der Ingenieure, Formen und Karosserien zu entwickeln, die der umströmenden Luft möglichst wenig Widerstand bieten, um immer noch höhere Geschwindigkeiten zu erzielen. Gleiches gilt für die zahlreichen Lokomotiv- und Triebwagen-Modelle, etwa den „Fliegenden Hamburger“. Auch in den USA begeisterte man sich vom Aschenbecher bis zum Wohnwagen rasch für alles, was „streamline“ war – vieles davon unvergessliche Entwürfe späterer Design-Ikonen wie z.B. Raymond Loewy. Stromlinienförmige Bügeleisen oder Staubsauger geben im Zeppelin Museum ein Beispiel davon, was mit einem Mal in den Auslagen der Geschäfte und zuhause begehrliche Blicke auf sich zog.
Geschwindigkeit als Machtdemonstration
Auf der anderen Seite verschweigen die Ausstellung und das Rahmenprogramm auch nicht die Instrumentalisierung von Stromlinienform und Schnelligkeit, wie sie etwa im Deutschland des Nationalsozialismus geschah. Hier wie anderswo wurde jede neue Geschwindigkeits-Bestmarke stets auch als Zeichen der eigenen nationalen Überlegenheit propagandistisch ausgeschlachtet. Aus dem Gedanken der steten Optimierung der Formgebung von Karosserien und Maschinen entwickelte sich das weiter bis zur Idee einer völlig „reibungslos“ funktionierenden Gesellschaft.